Die erste Arbeit, die ich von Petra Kaltenmorgen [Herbstausstellung von 1994] sah, war eine Glasbowle, auf der Möbel eingraviert waren in perspektivischer Darstellung, ohne Verzerrung. Das ist irgendwie programmatisch für Petra Kaltenmorgen: Gegenstände zu belassen, wie sie sind, also auf willkürliche Verfremdung zu verzichten und gleichzeitig einen neuen Raum um sie herumbauen. Dabei halten sich Nüchternheit und Distanz mit subtiler Stimmung durch feinste Graustufen hindurch die Waage, um eine Sicht auf die Dinge zu werfen, die schmerzlich anrührt, mit Hilfe der Kamera. So still und deshalb so schön ist der Moment ohne Wiederkehr. Alles ist nur einmal, Aktivität scheint weggeworfene Zeit zu sein. Der Fotoapperat wird zur Camera Obscura, zum dunklen Raum, indem aber genug Licht bleibt, die Welt der Dinge zu erahnen und wenn sich das Auge adaptiert hat, fühlend zu erleben.
Mitunter scheint Licht herein, durch den Spalt zwischen der Verdunkelung oder als Lichtschein auf ein Detail oder als Laserpoint zwischen den Blumen. Licht gilt von jeher als Metapher für Erkennen, für die Anwesenheit von Leben und Geist. Petra Kaltenmorgen hat uns dieses Erlebnis des Geistes immer wieder geschenkt mit ihren bis zum Schweigen herabgestimmten Bildern.
Giso Westing